„Lebenslauf eines Liegeradlers“

„Lebenslauf eines Liegeradlers“

Mehr als 60 Jahre bin ich Radfahrer und seit über 20 Jahren überzeugter und begeisterter Nutzer von Liegerädern. Im Laufe meines Lebens habe ich viele Liegeräder für mich entdeckt und gefahren. Warum das so ist und wie sie zu einem Teil meines Lebens wurden, verrate ich in diesem „Lebenslauf eines Liegeradlers“. „Mein Ligfiets Curricilum Vitae (CV)“ !

Bis 1971

diverse Kinder- und Jugendräder (nicht immer neu)

1971 – 1998

mehrere Hollandräder, später ein Trekking-Rad der Marke „Batavus”, und ein chinesisches Rad der Marke „Phönix“. Parallel dazu fuhr ich mehrere Rennräder: (Anfang der 70er-Jahre eines von Herkules, darauffolgend dann zwei Rennräder der Marke „Wheeler“)

1998 – 2000 M5 Speedliner „Blueglide“

Schon lange träumte ich von Liegerädern. Ich hatte sie in den Niederlanden immer wieder im Stadtbild gesehen und war fasziniert von dieser Art der Fortbewegung. Aus den verschiedensten Quellen sammelte ich alles, was ich dazu finden konnte und begann zu träumen…

Erstmals saß ich dann tatsächlich auf einem Liegerad, nachdem mir ein Arbeitskollege von einem Liegerad im Schaufenster eines örtlichen Fahrradhändlers erzählte. Ich fuhr sofort hin und durfte sogar eine Probefahrt machen. Es war ein Langlieger, ähnlich wie ein Peer Gynt, wie ich schon damals fachmännisch erkannte. Im Straßenbild zumindest optisch gewöhnungsbedürftig. Und es war unerschwinglich teuer. Für eine solche Entscheidung brauchte ich einige Zeit.

Ich kam auf die Idee…

…zunächst verschiedene Liegeräder kennenzulernen und ggfs. ein gebrauchtes Exemplar zu kaufen. So fuhr ich mit einem Freund zu einer Fahrradmesse nach Amsterdam. Dort gab es eine Vielzahl an Liegerädern. Und siehe da – ein Liegerad wurde in diesem Jahr zum „ Fiets van het jaar” gekürt. Das „Blue Glide“ – ein Kurzlieger in metallicblauer Farbe. Es kostete damals 1500 Mark. Ein Superpreis – vor allem für ein neues Liegerad, und wohl auch darum von der Jury gekürt. Ich fuhr mit einem strahlenden Gesicht wieder nach Hause und nach kurzer Zeit des Überlegens bestellte ich das Rad. Einer meiner Söhne konnte sich auch wie ich für das Rad begeistern und bald standen schon zwei Exemplare in unserem Carport.

Wir waren unheimlich stolz und in unserer Kleinstadt eine Sensation! Mit diesem Rad fuhr ich schon bald regelmäßig zur Arbeit und suchte nach Gelegenheiten für weitere, längere Touren. Nur wenig später fuhr ich übrigens mit diesem Rad die Strecke Paris -Neuenhaus (über 600 km in zwei Tagen).

Ich war von der „Liegeradszene“ angefixt und besuchte ab sofort regelmäßig Liegeradmessen, -Händler, die Cycle Vision in den Niederlanden, wurde Mitglied im niederländischen Liegeradverband etc.

2000 -2001 Alleweder

Wir strampeln uns für Sie ab… – Werbung für meinen Arbeitgeber 🙂


Bei einem späteren Besuch der Cycle Vision in den Niederlanden sah ich ein „Alleweder”. Wie der Name schon erkennen lässt, handelte es sich hierbei um ein vollverkleidetes aber alltagstaugliches Liegerad der niederländischen Firma „Flevobike“ in Dronten. Ich konnte mich einmal hineinsetzen und zur Probe wenige Meter damit fahren. Am liebsten hätte ich sofort eines gekauft. Aber war es wirklich so alltagstauglich? Wo konnte ich das Rad bei der Arbeit abstellen? Wo könnte ich das Rad sicher parken, während ich arbeiten musste. Konnte ich damit regelmäßig auf einem schmalen Radweg zur Arbeit fahren? Wie würde die Umgebung reagieren? Und es war sehr teuer.

Letztendlich kam mir die rettende Idee!

Durch das auffällige Äußere und die große Oberfläche, die man als Werbefläche vermieten könnte, wäre ein Velomobil durchaus auch entsprechend zu vermarkten – und so realisierte ich meinen Traum! …

Die ganze Geschichte habe ich in meinem Buch „Die außergewöhnlichen Radtouren eine Bürokraten“ beschrieben.

Ich wäre noch gerne länger mit diesem Velomobil gefahren, aber ein Mercedesfahrer beendete meine “Geschäftsidee”. Der Mercedes überfuhr mich in meinem Fahrzeug auf dem Radweg und das Velomobil wurde total beschädigt. Es war letztlich kein finanzieller Schaden, da die Versicherung den Neupreis komplett ersetzt hatte.

2001 – 2005 Challence „Distance“ (rot)

Challence „Distance“ in „ferrarirot“ 🙂


Jetzt brauchte ich schnell ein neues Liegerad. Die sich inzwischen am Markt etablierten Velomobil-Nachfolgemodelle waren für mich als Familienvater mit vier Kindern nicht finanzierbar. Sie kosteten damals ca. 5.000 – 6.000 €!! So suchte ich jetzt ein Liegerad, mit welchem ich auch Radtouren und längere Reisen mit Gepäck unternehmen konnte. Ich konnte mich dann zwischen einem „Nazca Pioneer“ und einem „Challence Distance“ entscheiden. Meine Wahl fiel auf ein „ferrarirotes“ „Challence Distance”. Eine gute Wahl und das „Distance“ blieb bis 2005 mein treuer Begleiter. Parallel fuhr ich, nachdem ich Gefallen an Liegeradrennen gefunden hatte, ab 2003 einen „Tieflieger“.

Sept 2003 – 2018 Zephyr Lowracer

Zeitfahren in Nijeveen(NL) mit selbstgemachter Heckhutze

Eine heiße Kiste, ein Traum von einem schnellen Rad. Genau die Ergänzung zu meinem Liegerad mit den 26-er Laufrädern. Insbesondere für meine regelmäßigen Fahrradurlaube konnte ich nun dieses schnittige Rad mit in den Urlaub nehmen. Ich verpackte das Rad in einer selbst kreierten Folientasche, die wie eine Ortlieb Tasche von oben zugerollt wurde. Für wenig Geld konnte ich meinen „Tieflieger“ im Flieger mitnehmen und viele Touren auf unserer Lieblingsinsel Mallorca unternehmen. Somit nutze ich zu dieser Zeit zwei Liegeräder gleichzeitig.
Erst 2019 verkaufte ich meinen „Tieflieger“. Ich konnte ihn nicht mehr in dem Maße nutzen, wie „er” es gerne hätte.

Juli 2005 – 2009 Nazca „Pioneere“ Juli 2005

Mit dem Nazca „Pioneere“ in Richtung Polen und Weißrussland

Die Alternative zum „Distance“ war bereits damals schon das „Nazca Pioneere“. Und öfters stieß ich bei Liegeradveranstaltungen auf Henk und Monique von der Fa. Nazca in Nijeveen. Ich brauchte nicht lange zu überlegen, da habe ich mir mein erstes „Nazca” gekauft. Eine sehr gute und nachhaltige Entscheidung. Ich blieb Nazca bis heute treu. Mehrere Räder folgten und noch immer habe ich ein Nazca – inzwischen ein Gaucho – in Betrieb.

April 2009 – lfd. Nazca Gaucho in schwarz

Nazca „Gaucho“ -unterwegs in die Pyrenäen

und heute eines in melonengelb.

„DIE Eierlegendewollmilchsau“!
Mein Reiserad und ein tolles Rad für alle Tage!

Nazca Gaucho seit April 2011

Mit dem Nazca „Goucho“ (aktuell in melonengelb) auf dem Weg nach Jerusalem


Mai 2018 – lfd.

Liegedreirad von SpecBikeTechnics

… mit Allradfederung und ohne Motor!

Seit über 10 Jahren liebäugle ich mit einem Liegedreirad. Mehr aus Interesse und wegen der noch größeren Bequemlichkeit. Insbesondere die Sperrigkeit, war das Hauptargument gegen einen sofortigen Kauf. Wie sollte ich bei der Arbeitsstelle durch die schmale Tür in den Fahrradkeller kommen?

Probefahren erforderlich

Ich machte mir klar, dass ein Liegedreirad erst nach dem aktiven Berufsleben interessant sein könnte. Trotzdem hielt mich meine Neugier nicht davon ab, auf jeder „Spezi“ mehrere Runden auf dem Probe-Parcours mit den unterschiedlichsten Liegedreirädern zu drehen. Ich merkte, dass die namhaftesten Liegeräder mir nicht so viel Freude bereiteten wie ein Liegerad, welches eher nicht zu den Top Modellen gehörten.

Auf der Spezi habe ich mich verliebt…

In 2018 war ich wiederum auf der „Spezi“. Wieder probierte ich neue Liegeräder aus. Und ich verliebte mich in ein ganz anderes Modell. Es war ein vollgefedertes, faltbares Liegedreirad, welches ich in einem kleinen unscheinbaren Verkaufszelt fand. Aber es lachte mich an, ich durfte eine Probefahrt machen, und ich verliebte mich in das Rad.
Der Rest des Tages verlief ungeplant. Ich konnte mich auf nichts mehr konzentrieren. Und ich entschied mich spontan, das Rad zu kaufen, zusammenzuklappen und mitzunehmen – zum Messepreis!
Wesentlich früher als erwartet hatte ich nun auch noch ein Liegedreirad und habe es nicht bereut. Somit habe ich auch wieder zwei Liegeräder für unterschiedliche Anforderungen. Regelmäßig radle ich nun mit meinem dreirädrigen Lieger durch die Grafschaft und genieße meine Zeit.

… und ich habe nicht nur Liegeräder

Ach ja – natürlich habe ich parallel zu meinen Liegerädern noch weitere Fahrräder, auf die ich nicht verzichten kann! Aber darauf will ich in einem späteren Artikel einmal eingehen.

Besondere Interessen

Alltagsradeln, Fahrradurlaub, verschiedene Fahrräder fahren (Tandem, Klapprad, Lastenrad), Alltagsradeln, Arbeit im ADFC – alles was mit Fahrrädern zu tun hat 🙂

Burkhard Werner

4 Gedanken zu „„Lebenslauf eines Liegeradlers“

  1. Hallo Burkhard,

    mit Vergnügen und Interesse lese ich seit einiger Zeit Deine Geschichten !
    Auch ich habe einige unterschiedliche Liegeräder ausprobiert. So besass ich eine Weile ein weisses Challenge „Chamsin“, mit dem ich auch den Alpe Adria gefahren bin.
    Seit ein paar Jahren fahre ich meistens meinen Nazca Highracer, dessen Kombintion von Schnelligkeit und Fahrkomfort ich von Anfang an grossartig fand.
    Vor kurzem habe ich einen der wohl letzten Gauchos von Nazca erstanden, einen 28″ Tour, mit dem ich nun auch die etwas holprigeren Strecken problemlos fahren kann.

    Es hat mich gefreut, zu sehen, dass für Dich auch Alpenpässe auf dem Gaucho keine Hindernisse darstellen. Das ermutigt mich, in Zukunft solche Touren in Angriff zu nehmen.

    Grüße, Jan

    1. Oh ja – der Highracer war für mich auch einmal eine Überlegung!
      Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute bei Deinen Touren und weiterhin gute Unterhaltung mit „radetappen.de“ 🙂
      lg Burkhard

  2. Hallo Burkhard,
    lese gerade mit großen Interesse Dein Buch: Die außergewöhnlichen Radtouren eines Bürokraten. Stehe noch im Berufsleben und finde Fernradtouren, wegen Familie und Beruf, in Etappen zu fahren sehr gut. Leider bin ich selber aber noch nicht darauf gekommen.
    Seit über vier Jahrzenten fahre ich mit Begeisterung Rennrad. Die letzten Jahre habe ich aber massiv und immer wieder Probleme mit „Sitzbeschwerden“ und alle möglichen Sattel erfolglos durchprobiert.
    Mitte vorigen Jahres bin ich deshalb sogar operiert worden und habe dann entschieden, kein Rennrad mehr zu fahren. Schweren Herzens meine Rennräder verkauft und nach Alternativen gesucht. So bin ich auf das Liegerad gekommen. Da ich auch öffentliche Verkehrsmittel nutze, kommt ein Dreirad für mich nicht in Frage. Um das ganze erstmal zu testen, habe ich mir also einen gebrauchten Einspurer SINNER Fifty Fifty gekauft. Ist noch sehr gut in Schuss und auf 20/26 umgebaut. Wollte das Ganze erstmal testen. Aller Anfang ist schwer, nach ca. 400 gefahrenen Kilometern klappt es mittlerweile schon gut und ich werde immer sicherer.
    Da ich langfristig mir ein neuen Einspurer zulegen will, bin ich nicht sicher ob ein Oben- oder Untenlenker das Beste ist. Auf Deinen Bildern habe ich gesehen das Du früher Obenlenker und später Untenlenker gefahren bist. Momentan fahre ich Untenlenker und grübele, ob und welche Vorteile der Obenlenker hat. Konnte leider bisher noch kein Einspurer-Liegerad mit Obenlenker testen.
    Auf Deinen Ferntouren hast Du ja auch reichlich Gepäck dabei, wieviel Kilo sind das denn so und wie kommt man mit dem Liegerad damit über lange Distanzen und Berge?
    Über eine Antwort und ein paar Tipps würde ich mich sehr freuen.
    Viele Grüße
    Michael

    1. Hallo Michael,
      Schön von Dir zu hören. Auch ich komme ja vom Rennrad und habe dann meinen Traum mit einem Liegerad erfüllt.
      Man braucht schon einige hundert Kilometer, bis einem wirklich ein Liegerad in „Fleisch und Blut” übergegangen ist. Aber es lohnt sich auf jeden Fall.
      Die Frage nach Oben- oder Untenlenker ist natürlich sehr individuell. Für mich ist der Untenlenker das „Non plus Ultra”, weil ich lange Strecken total ermüdungsfrei fahren kann. (Die Arme und Hände sind ja schon da, wo sie ohnehin hinfallen) Bei kürzeren Wegstrecken, und insbesondere zu Anfang einer Liegeradkarriere sollte man nach meiner Meinung erst den Obenlenker fahren. Vielleicht ist ja auch ein sogenannter UDK Lenker eine Option. Für mich zwar nicht, aber es gibt Liegeradler, die darauf schwören.
      Vor diesem Hintergrund würde ich auch immer dazu raten, größere Liegeradveranstaltungen zu besuchen, um die Vielfalt der unterschiedlichen Räder und das unterschiedliche Sitzgefühl auszutesten.
      Immer wieder stelle ich fest, dass mich ganz hochgepriesene und namhafte Liegeräder nicht so überzeugen, wie andere Modelle. Nur leider findet man nur selten Gelegenheit, so direkt zu vergleichen. Fahrradgeschäfte haben hierzulande häufig nur ein Modell zur Auswahl.
      Ich fahre inzwischen schon seit vielen Jahren zur Spezialradmesse nach Germersheim und kann dort auf dem Probeparcours -zig Räder ausprobieren und vergleichen. Außerdem ist das für mich immer wieder ein kurzer „Urlaub”.
      Zum Gepäck: Wenn ich alleine unterwegs bin kommen immer eine ganze Menge Kilo zusammen. Ich habe ja auf dem Blog schon einmal meine Packliste aus dem Buch mit Gewichtsangaben eingestellt.

      Wenn dann noch Lebensmittel, Getränke, Wasserflaschen , viel Werkzeug dazukommen, dann ist man schnell in einem Bereich von 30 kg. Aber das liegt auch an den Regionen, die man bereisen will, ob man auch kochen will, oder ob das Essen in manchen Ländern sogar günstiger ist. Die Bekleidung ist eigentlich das leichteste 😉

      Berge und lange Distanzen sind ein besonderes Kapitel. Irgendwie kommt das aber mit der Zeit von alleine. Meinem Kumpel, der mich in Griechenland begleitet hat, habe ich auch geraten, noch kein Liegerad für die Bergetappen zu nutzen, obwohl er auch eines besaß. Ich schätze, 1000 Kilometer sollte man dann schon in den Beinen haben, bis man sich in die Berge trauen kann. Aber es klappt bestimmt!!

      Vorerst wünsche ich Dir weiter viel Spaß, gute Unterhaltung mit meinen Radetappen und meinem Buch. Du kannst dir auch auf YouTube die Reisegeschichten von der Grafschaft Bentheim bis nach Jerusalem ansehen. Da kann man dann noch einige akustische und visuelle Eindrücke mehr mitnehmen:-)

      Vielleicht sieht man sich ja einmal – vielleicht in Germersheim 🙂

      Lg
      Burkhard

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