Warum die Grafschaft Bentheim auf dem richtigen Weg ist

Warum die Grafschaft Bentheim auf dem richtigen Weg ist

Bereits vor 25 Jahren beteiligten sich unsere ADFC-Mitglieder in der Grafschaft Bentheim an dem regelmäßig im Juni stattfindenden Gedenktag „Mobil ohne Auto“. Damals gehörten wir wohl eher noch zu einer Gruppe von „Exoten“, hatten wir den Eindruck.

Als ich heute – 25 Jahre später – auf meiner Walkingrunde an der Vechte den Podcast „Potenziale des Radverkehrs (Folge 24)“ aus der Reihe „RADWISSEN“ hörte, wurde mir deutlich vor Augen geführt, wie sehr sich die Meinung zur Mobilität und zum Radverkehr in dieser Zeit gewandelt hat – und – wie gut wir inzwischen in der Grafschaft Bentheim schon darauf vorbereitet sind.

Pastor Peters (2.v.r.) feierte mit den ADFC Aktiven schon vor 25 Jahren regelmäßig den Aktionstag „Mobil ohne Auto“. (Rückseite vom Kloster Frenswegen)

Radverkehr ist die Mobilitätsform der Zukunft

Die Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) haben in dieser Studie den Nachweis erbracht, dass Deutschland den Radverkehrsanteil verdreifachen kann und ein riesiges Potenzial im Radverkehr steckt. Von CO₂-Einsparungen über die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit hin zu wirtschaftlichen Vorteilen für Innenstädte – die Argumente für eine Förderung des Radverkehrs sind überwältigend. Der Podcast beschrieb, dass durch gezielte Investitionen in die Radinfrastruktur Millionen von Kurzstrecken vom Auto auf das Fahrrad verlagert werden können. Der positive Effekt auf Klima, Umwelt und Lebensqualität ist enorm.
Was mich dabei besonders optimistisch stimmt: In vielen Städten und Regionen wird jetzt nach und nach gehandelt. Und ja – wir in der Grafschaft Bentheim gehören dazu – gehen vielleicht sogar manchmal voraus.

Die Grafschaft Bentheim zeigt Weitblick

Vielleicht ist ein Grund die Nähe zu den Niederlanden, sodass Stadtplaner, Politiker und Verwaltung hier früh erkannt haben, dass zukunftsweisende Mobilität kein Trend ist, sondern eine Notwendigkeit. Ob es die kontinuierliche Erweiterung und Instandhaltung von Radwegen ist, neue Fahrradstraßen oder innovative Mobilitätskonzepte – in der Grafschaft Bentheim wurde gehandelt. In Nordhorn wurden in den vergangenen Jahren und auch aktuell zahlreiche Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs umgesetzt. Dazu zählen gut ausgebaute, sichere und beleuchtete Wege, das Knotenpunktsystem, das Radfahrer durch Stadt und Umland führt und auch touristisch stark frequentiert wird. Die Bürger honorierten die Anstrengungen in Nordhorn bei der Beurteilung im bundesweiten Fahrradklimatest regelmäßig so gut, dass unsere Kreisstadt Nordhorn seit vielen Jahren konstant auf den vordersten Plätzen landete.

Auch in diesem Jahr wird Nordhorn bundesweit wieder auf einem der ersten drei Plätze erwartet! Dabei ist es eigentlich egal, ob auf Platz 1, 2 oder 3. Schon jetzt ein großes „Dankeschön“ an diejenigen, die diesen Erfolg möglich gemacht haben. Letztlich sind es wohl immer starke Persönlichkeiten, die hinter diesem Erfolg stehen! 


Die „fahrradfreundliche Kommune“, die „fahrradfreundlichen Arbeitgeber“, das „Stadtradeln“, die „Fahrradfreundlichkeit“ allgemein, sind in der Grafschaft nicht nur ein Label – es ist gelebte Realität. Und die Erfolge sind sichtbar: Immer mehr Menschen – aber leider noch immer nicht alle – nutzen das Rad für den Arbeitsweg, zum Einkaufen oder zur Schule. Der „Modal Split“ – also der Anteil der Fahrradfahrer am Verkehrsaufkommen – liegt in der Grafschaft Bentheim und insbesondere in Nordhorn, deutlich höher als in anderen Regionen. Auch die steigende Zahl an Pedelecs und E-Bikes bringt frischen Schwung in die Mobilitätslandschaft. Inzwischen gehört die Grafschaft Bentheim schon bundesweit zu der Region mit der höchsten E-Bike-Dichte.

Mobilitätswandel ist ein Gemeinschaftsprojekt

Was besonders beeindruckend ist: Der Wandel in der Grafschaft Bentheim ist kein Projekt „von oben“. Vielmehr sind es auch engagierte Bürgerinnen und Bürger, Initiativen, Schulen, Unternehmen und Vereine, die sich aktiv einbringen. Lokale Fahrradaktionen – wie das Stadtradeln oder die Teilnahme aller Gemeinden am Fahrradklimatest – werden zur gelebten Beteiligungskultur. Er macht nicht nur Sinn, sondern auch Spaß.

Besonders erfreulich: Auch kleinere Orte wie Neuenhaus, Uelsen, Wietmarschen, Emlichheim, Bad Bentheim oder Schüttorf setzen inzwischen zunehmend ebenfalls gezielt auf nachhaltige Mobilitätsstrategien und entwickeln eigene Radverkehrskonzepte. Jede Kommune hat dabei noch ihre eigene Geschwindigkeit, doch der Trend ist eindeutig. Politiker und auch viele Menschen haben erkannt, dass Radverkehr nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz ist, sondern sogar Lebensqualität schafft – für alle Generationen!

Wirtschaftlicher Nutzen für Stadt und Handel

Ein oft noch immer unterschätzter Aspekt des Radverkehrs ist seine Bedeutung für den stationären Handel und die Wirtschaft. Wer mit dem Rad unterwegs ist, bleibt häufiger stehen, kauft lokal ein und belebt die Innenstadt. Das zeigen nicht nur zahlreiche Untersuchungen – auch das „Ringcenter“ in Nordhorn wird bald fahrradfreundlicher werden, bin ich mir sicher. 😉


In der Grafschaft Bentheim wurde schon seit Jahren dieses Potenzial erkannt und gefördert: durch fahrradfreundliche Infrastruktur, sichere Abstellanlagen oder Lastenrad-Förderangebote. Städte wie Nordhorn setzen auf eine durchdachte Verbindung von Mobilität, Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung. Die Reaktivierung des Schienenverkehrs von Bad Bentheim bis nach Neuenhaus und zukünftig bis Coevorden ist dabei sinnbildlich für die Entwicklung der Mobilität entlang dieser Bahnverbindung.

Je mehr Menschen mit dem Rad fahren, umso weniger Autos verstopfen die Straßen.
Man muss jetzt nur die Möglichkeiten schaffen, dass mehr Radfahrer sich auf den Radwegen sicherer fühlen.  (Netzfund)

Aus der Wissenschaft – in die Praxis

Der Podcast „Radwissen“ machte mir plötzlich bewusst: Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern die wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse einfach umsetzen!

Die positiven Auswirkungen sind eindeutig belegt – es geht nur noch darum, ins Handeln zu kommen. Und natürlich, die ewigen Zauderer, Verhinderer und Ewiggestrigen, die es leider auch hier gibt, zu überzeugen. Und genau das passiert inzwischen. In der Grafschaft Bentheim wurde dieser Schritt in mehreren Bereichen schon gegangen – und das macht mich stolz. Stadtplaner, Politiker fast aller Parteien und die Verwaltung haben in der Grafschaft Visionen und schon viel erreicht.

Umso mehr ist man entsetzt, wenn trotz dieser wissenschaftlichen Aussagen im August des letzten Jahres FDP-Politiker die Grafschaft (heim-)suchten und erklärten, dass wieder mehr Autos die Städte bevölkern sollten (siehe Artikel vom 23./24. und 26.08.2024 in den Grafschafter Nachrichten).

Ich bin manchmal genervt, wenn Leserbriefschreiber*innen zu diversen Radverkehrsplanungen nicht einsehen können, dass eine längst überdimensionierte zweispurige Straße in einem Ort keine Erleichterung ist, sondern ein Verkehrsweg ist, der Stress für alle Beteiligten und Nutzer mit sich bringt. Dann wünscht man sich eher mehr Gelassenheit, Sachlichkeit und Vertrauen auf die Wissenschaft bei diesen Themen.

Letztlich ist jeder, der sein Fahrrad nutzt oder auch zu Fuß geht, ein Gewinn für die motorisierten Verkehrsteilnehmer! Was würde passieren, wenn alle Radfahrer aus vermeintlichen „Sicherheitsgründen“ oder aus Bequemlichkeit wieder vermehrt das Auto benutzen oder sogar ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen würden.

Jeder Autofahrer schimpft doch eigentlich über zu volle Straßen und wünscht sich insgeheim, dass die anderen lieber zu Hause bleiben sollten.

Die Grafschaft Bentheim ist ein Vorbild für nachhaltige Mobilität

Während meiner Runde an der Vechte wurde mir einmal mehr bewusst: Unsere Region ist auf einem sehr guten Weg. Und selbst wenn auch unsere Radwege (noch) nicht überall gut sind (ich sehe schon die vielen Mängelberichte vom letzten Fahrradklimatest vor mir liegen). Die Grafschaft Bentheim zeigt, dass zukunftsfähige Mobilität keine Vision bleiben muss. 
Wir können stolz darauf sein, in einer Region zu leben, die sich nicht nur anpassen will, sondern aktiv gestaltet. Der Wandel zur fahrradfreundlichen Gesellschaft beginnt nicht in Berlin oder Brüssel, Paris oder Kopenhagen – er beginnt schon bei uns. In der Grafschaft Bentheim.

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